Dämonenkiller

Interview mit Neal Davenport



Vorab noch ein paar Worte. Das Interview erschien im Clubmagazin

"Hexenhammer" am 24. Dezember 1984.

Zusammen mit Fred Conrad leitete ich damals den HC Necromicon.
Das Zine erschien alle 3 Monate (für lumpige 3,60) und
behandelte alle Bereiche des Horrors insbesondere der Heftromanserien.
Natürlich stark Dämonenkillerlastig. Immerhin schafften wir es bis zur Nummer 13.
Das folgende Interview entstand bei einem Briefwechsel mit dem Kurt.
Viel Spaß... Dirk Thronberens.
Steckbrief Neal Davenport:
Geboren am 14.5.1942,
Größe 190cm,
erste Kurzgeschichte mit 15 Jahren,
Hauptberuflich Schriftsteller,
Junggeselle,
erfolgreich mit dem Dämonenkiller.


Dirk Thronberens: Hallo Neal. Vielleicht könntest Du uns ersteinmal einen kleinen Überblick über Dein bisheriges Schaffen geben. Einige Leute halten Davenport immer noch für eine britische Arbeitersiedlung.

Davenport: Schaffen ist ja schon mal ein sehr schmeichelhaftes Wort für meinen íliterarischen' Ausstoß. Laut Duden bedeutet es: Von einem Künstler geschaffenes Werk. Naja, ich bin kein Künstler, das wollte und will ich auch nicht sein. Kunst sollen andere schaffen, ich will einfach die Leser unterhalten. Ich komme aus dem SF-Fandom, und meine ersten Stories erschienen in SF-Fanzines. Dann verkaufte ich einige Geschichten und Romane. Mehr oder minder zufällig wurde ich Schriftsteller. Eigentlich wollte ich SF schreiben, doch die damals in Deutschland eingeschlagene Linie sagte mir nicht zu, denn ich verabscheue die Technik und den sogenannten Fortschritt. Ich stieg dann auf Krimis um, schmierte aber auch zuckersüße Liebesgeschichten für Illustrierten. Horror kam erst viel später.

Thronberens: Da wir den Horror schon mal angesprochen haben, wie ging es Dir , als der Dämonenkiller eingestellt wurde? Wolltet Ihr die Handlung in die Taschenbücher mit Cocco legen?

Davenport: Ich fühlte mich einfach scheußlich. Aber es kam nicht ohne Vorwarnung, denn als die ersten Indizierunganträge einlangten, erwarteten wir alle, daß es die Serie nicht mehr lange geben werde. Nun könnte ich heftig im Dreck wühlen, aber das bringt nichts. Merkwürdig ist, daß die Dämonenkiller-Serie auf die Abschußliste kam, als eine Neuauflage vorbereitet wurde. Mehr will ich dazu nicht mehr sagen. Nein, in den Taschenbüchern sollten nur die Jugendabenteuer von Cocco Zamis erscheinen.

Thronberens: Die Sieben ist eine magische Zahl! Euch hat sie wohl nur Pech gebracht, denn die Nr.7 des Dämonenkillers (Amoklauf, Dez 73) wurde als erster Roman dieser Serie indiziert. Der Jammer begann als drei weitere Bände folgten. War die Handlung, aus Deiner Sicht, ok oder waren sie wirklich so brutal, wie die Herren des Jugendschutzes sie befunden hatten.

Davenport: Meiner Meinung nach hätte man wahllos Romane aus der Serie herausgreifen können. Die Herrschaften von der Prüfungsstelle hätten fast jeden Roman als jugendgefährdend einstufen können. In jeder Tageszeitung stehen scheußlichere Dinge.

Thronberens: Man weiß ja, daß Du und der Ernst Vlcek eng zusammen gearbeitet habt, was die Däki's anbelangt. Wodurch kam es damals, daß ihr Autoren wie Warren, Palmer oder Chess hinzugezogen habt? Sollte der Däki einen abwechslungsreicheren Schreibstil bekommen? Der Walter hat sich ja gut eingegliedert, die anderen lieferten, meiner Meinung nach, unterschiedlich starke Romane. Kann man sagen, daß ihr drei den Stab gebildet habt?

Davenport: Die Zusammenarbeit mit Ernst Vlcek war sehr intensiv, von den anderen Autoren kenne ich nur Hugh Walker persönlich. Die anderen Autoren wurden von der Redaktion vorgeschlagen. Wir hatten da keinerlei Einfluß.

Thronberens: Bist Du auch heute noch mit dem Ernst zusammen (freundschaftlich natürlich)? Ihr wohnt ja beide in Österreich. Der A.F.Morland bzw. Mortimer ja auch, kennst Du ihn?

Davenport: Ernst sehe ich höchst selten. Er wohnt nicht mehr in Wien. Privat haben wir kaum Kontakt miteinander, denn unser Bekanntenkreis ist zu verschieden und auch unsere Interessen. A.F. Morland kenne ich seit über zehn Jahren, doch außer gelegentlichen Telefongesprächen habe ich keinen Kontakt.

Thronberens: Im Vampir-Horror hattest Du ja unter zwei Pseudonymen geschrieben. Einmal unter J.R. Burcette und zum einen unter Neal Davenport.
Mit welchem Namen hattest Du Dich wohler gefühlt und mit welcher Serie warst Du enger verbunden? Zumal Du beim D.K. ja eher an einen festen Grundstoff gebunden warst.

Davenport: Da ich unter mehr als zwanzig Pseudonymen geschrieben habe, sind sie mir alle ziemlich gleichgültig.

Thronberens: Hast Du Geschichte studiert? Wie kommt es, daß der Dämonenkiller über solch gute Recherchen verfügt? Bei Reisen in die Vergangenheit ist alles plausibel rekonstruiert, woraus man schließen kann, daß Du über ein enormes Wissen verfügst, oder hast Du immer ein dickes Buch neben der Tippse liegen?

Davenport: Geschichte war früher für mich höchst uninteressant. Doch nach und nach beschäftigte ich mich damit. In der Schule langweilte es mich außerordentlich Jahreszahlen und Daten zu lernen, dazu gibt es unzählige Nachschlagewerke. Wurde im D.K. eine bestimmte Zeit behandelt, dann kaufte ich mir Bücher darüber und studierte sie gründlich. Historiker würden sicherlich einige Fehler entdecken, aber meist stimmen die Fakten und auch der Background.

Thronberens: Es dürfte entgültig heraus sein, das der Dämonenkiller weitergeführt wird, auch nach Band 143. Weißt Du schon, wer weiterschreiben, bzw. mitschreiben wird? Ich glaube Warren hat schon zugesagt...

Davenport: Naja, Du klingst da ziemlich sicher. Wie es derzeit aussieht, wird der Dämonenkiller weitergeführt. Wer die weiteren Romane schreiben wird? Das entscheidet der Chefredakteur.

Thronberens: Habt ihr(Crew) schon etwas Spezielles für den DK geplant, oder wird da weitergemacht, wo aufgehört wurde?

Davenport: Wahrscheinlich werden einige der bereits vorliegenden Manuskripte in den Papierkorb wandern. Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, daß die Serie mit dem ursprünglich vorgesehenen Band 144 weitergeht (oh), denn das war ein nicht in den Zyklus gehörender Band. Die Leser wollen wissen, wie es weitergeht, daher nehme ich an, wird statt 144 die Nummer 145 gebracht werden, die an 143 anschließt.

Thronberens: In den letzten 4-5 Jahren hat sich ja das selbständige, na sagen wir mal Horror-Roman-Fandom gebildet. Es ist mit dem SF- oder Fantasy Fandom gar nicht zu vergleichen. Es gibt keine eingetragenen Vereine und keine Bandenkriege, zumindest nicht in SF Außmaßen. Wird aber dieses Horror-Fandom eine Chance haben?

Davenport: Vom SF-Fandom habe ich genug. Die Streitereien vor zwanzig Jahren genügten mir. Und über das Horror-Fandom weiß ich zu wenig, daher kann ich Deine Frage leider nicht beantworten.

Thronberens: Auch Dich möchte ich fragen, ob Du in Deiner bisherigen Laufbahn etwas kurioses oder ungewöhnliches erlebt hast?

Davenport: Da könnte ich einen ganzen Roman schreiben (mach doch). Aber ich berichte nur wie ich zufällig ein Horror-Autor wurde. Ich vertrat 1971 einige deutsche Autoren. Für den Heyne-Verlag hatte ich drei Horror-Anthos zusammengestellt und galt daher für Herrn Bernhardt, dem Chefredakteur, der später zu Pabel wechselte, als Horror-Fachmann. Herr Bernhardt wandte sich an mich, da er eine Horror-Reihe starten wollte. Meine Autoren sollte kurze Exposes verfassen. Hugh Walker schrieb einen Roman, der so gut gefiel, das er als Nummer 1 der Vampir-Reihe erschien. Doch die eingereichten Expos der anderen Autoren sagten Bernhardt überhaupt nicht zu. Er hatte damals keine Ahnung, daß ich schon diverse Stories und Romane für andere Verlage geschrieben hatte. Schließlich schickte mir Bernhardt ein Expose: DIE NACHT DER AFFEN. Alle meine Autoren weigerten sich diesen Blödsinn zu schreiben. Schließlich wurde es mir zu blöd und ich schrieb die ersten zehn Seiten, wählte das Pseudonym James R. Burcette und zu meiner größten Überraschung war Herr Bernhardt begeistert. Ich schrieb den Roman fertig. Immer neue Exposes trudelten aus München ein. Unangenehm wurde die Angelegenheit für mich, als Herr Bernhardt diesen geheimnissvollen James R. Burcette persönlich kennenlernen wollte. Ich gestand ihm, daß ich dieser Bursche war.

Thronberens: Wie war eigentlich die Resonanz zum Einschubband Nummer 34? Hatte es Dir Schwierigkeiten bereitet, diesen Roman zu schreiben, oder war Dir alles wieder sofort vertraut?

Davenport: Einige fanden ihn gut, andere langweilig und schwach. Es war eine verdammt harte Arbeit, da ich die alten Romane lesen mußte und versuchte möglichst nahtlos an die früheren Bände anzuschließen. Beim schreiben schlichen sich immer wieder Zweifel ein. Ist das Ding nicht langweilig? Das Thema war ja nicht sonderlich aufregend. Trotzdem war es faszinierend, nach so langer Zeit wieder einen Dämonenkiller zu schreiben.

Thronberens: Zum Schluß noch eine Frage: Was machst Du z.Z.?

Davenport: Im Moment übersiedle ich, verfluche die Handwerker, die mich im Stich lassen und weiß nicht wie ich meine 10.000 Bücher in der neuen Wohnung unterbringen werde. Derzeit schreibe ich gerade einen Krimi...

Thronberens: Vielen Dank für das Interview und Deine Ehrlichkeit!


und ich - foltom - Danke Dirk Thronberens, dass er uns dieses Interview hat zukommen lassen! :-)